Zittern, Konzentrationsstörungen, Ohnmachtsanfälle – hinter diesen Symptomen kann eine Unterzuckerung stecken, auch bei Nicht-Diabetikern. Viel zu oft wird die Ursache jedoch verkannt.
Etwa jedes sechste Kind in Deutschland ist übergewichtig, in der Altersgruppe der 11- bis 13-Jährigen sogar jedes fünfte Kind, das sind 15-20% unserer Kinder. Das ist eine dramatische Entwicklung, die gestoppt werden muss – sonst drohen ernsthafte gesundheitliche Folgen. Erfahren Sie hier mehr zu diesem Thema.
Dicke Kinder haben meist falsche Ernährungsgewohnheiten und treiben zu wenig Sport. Auch der Medienkonsum spielt eine Rolle. Eltern sollten daher diese Punkte kritisch und selbstkritisch unter die Lupe nehmen. Und Veränderungen anstoßen!
Wann ist ein Kind zu dick?
Wenn Übergewicht bei Kindern untersucht werden soll, reicht ein Blick auf die Fettpölsterchen allein nicht aus. Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Kind übergewichtig sein könnte, sollten Sie mit ihren Kindern unbedingt einen Kinderarzt aufsuchen. Dort wird man zunächst ein Gespräch mit den Eltern führen. Es wird geprüft, ob die Ernährung gesund und ausgewogen ist. Auch wird erfragt, ob ein dickes Kind sich ausreichend bewegt, Beschwerden hat und ob es unter Krankheiten (z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion) oder unter psychischen Belastungen leidet. Bestimmte Medikamente werden ebenso erfasst wie das Vorkommen von Übergewicht in der Familie.
Der Body-Mass-Index (BMI) bei Kindern
Die Diagnose von Übergewicht bei Kindern erfolgt mit der Berechnung des BMI (Body-Mass-Index) und dem Abgleich dieses Wertes mit den Perzentilkurven (Wachstumskurven).
Für den Body-Mass-Index (BMI) wird das Körpergewicht (in kg) durch das Quadrat der Körpergröße (in qm) geteilt.
Da sich bei Kindern im Wachstum der BMI häufig stark verändert, ist dieser Wert nicht so aussagekräftig wie bei Erwachsenen.
Perzentilkurven
Perzentilkurven stellen das kindliche Wachstum in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter dar. Die BMI-Perzentile zeigt die Streuung der statistischen Verteilung an.
Kinder und Jugendliche haben dann Übergewicht, wenn der berechnete BMI des Kindes über der 90. Perzentile liegt. Das heißt, dass 90 Prozent aller Kinder desselben Alters und Geschlechts einen niedrigeren BMI haben.
Liegt der BMI über der 97. Perzentile, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Adipositas, also starkem Übergewicht. Der extremen Adipositas entspricht ein BMI über der 99,5. Perzentile.
Im Überblick sehen die Werte so aus:
Übergewicht: > 90 – 97
Adipositas: > 97 – 99,5
Extreme Adipositas: > 99,5
Körperliche Untersuchung bei Übergewicht bei Kindern
Meist nehmen Medizinerinnen und Mediziner bei dicken Kindern eine körperliche Untersuchung vor. Die Körpergröße und das Körpergewicht werden ermittelt; außerdem erfolgt eine Blutdruckmessung. Bei Jugendlichen wird das Verhältnis des Hüftumfangs zum Taillenumfang gemessen. Bei Jugendlichen mit Übergewicht gibt es zwei Typen der Körperfettverteilung. Der androide Typ hat die Fettpolster in erster Linie am Körperstamm, der gynoide Typ eher am Gesäß und an den Oberschenkeln.
Bewegung in den Alltag integrieren
Nehmen Sie gemeinsam mit ihren lieber die Treppe statt den Aufzug. Gewöhnen Sie sich und die Kinder daran, dass alle kleinen Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigt werden. Dies hilft, das Übergewicht von Kindern langfristig abzubauen. Es stärkt zudem das Selbstbewusstsein, das selbständige Verhalten im Verkehr und außerdem sind Sie und ihre Kinder noch an der frischen Luft.
Gesundheitliche Folgen für dicke Kinder
Die Folgen von Übergewicht für Kinder liegen vor allem im psychischen und körperlichen Bereich.
Übergewichtige Kinder haben ein erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus Typ 2. Daher sollte man bei ihnen regelmäßig den Nüchternblutzucker, den Blutdruck und die Blutfettwerte überprüfen. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel, kann die Gefäße schädigen(Arterienverkalkung). Langfristig können dadurch früher als bei Normalgewichtigen Herzinfarkte und Schlaganfälle entstehen. Ähnliche Folgen kann ein Bluthochdruck haben, der ebenfalls durch Übergewicht begünstigt wird.
Übergewicht bei Kindern kann auch Fettstoffwechselstörungen mit sich bringen. Das „schlechte“ LDL-Cholesterin steigt an, das „gute“ HDL-Cholesterin nimmt ab. Dies führt zu Herzkreislauferkrankungen und Gallensteinen.
Beim metabolischen Syndrom treten Übergewicht, Diabetes Typ 2, hoher Blutdruck und Fettstoffwechselstörung zusammen auf. Man spricht auch vom „tödlichen Quartett“, um auf das gesteigerte Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle aufmerksam zu machen.
Wenn sich bei Kindern mit Übergewicht die überschüssige Energie als Fett in der Leber anreichert, kann es zu einer Fettleber kommen. Dies kann die Leber massiv schädigen.
Bei dicken Kindern wird der Skelettapparat zu stark belastet. Dies kann verschiedene orthopädische Schäden auslösen, z. B. Senkfüße, Spreizfüße, X-Beine, O-Beine oder Hüftprobleme.
Freude an Bewegung und gesunde Freizeitaktivitäten vermitteln
Wichtig für dicke Kinder ist ausreichend Bewegung und die Auswahl gesunder Freizeitaktivitäten. Dies beugt Übergewicht vor und kann auch dabei helfen, dass Kinder langfristig abnehmen. Schon im Kindergarten oder in der Kita sollte auf genug Bewegung geachtet werden. Kindern sollte man den Spaß der Bewegung vermitteln: Toben tut gut! Geeignete Bewegungsspiele sind der Schlüssel dazu. Sport steigert die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten und verringert das Unfallrisiko. Auch der Gleichgewichtssinn und die Beinkraft der Kinder profitieren davon.
Für dicke Kinder sollte man Sportarten auswählen, die gelenkschonend sind, denn die Gelenke werden durch das Übergewicht stark belastet. Folgende Sportarten sind zu empfehlen:
- Schwimmen ist ein sanftes Training für den Körper. Es schont die Gelenke und unterstützt die Muskeln und die Kondition.
- Aquafitness findet ebenfalls im Wasser statt und nimmt daher das Gewicht von den Gelenken.
- Radfahren können Kinder leicht in den Alltag integrieren, indem sie z. B. mit dem Fahrrad zur Schule oder zu Freundinnen und Freunden fahren.
- Walking fördert die Kondition und belastet die Gelenke weniger als Joggen.
- Tanzen ist für Kinder oft ein großer Spaß. Es wirkt sich positiv auf die Koordination, die Beweglichkeit und die Ausdauer aus.
Setzten Sie realistische Ziele und stellen Sie den Spaß und nicht das Abnehmen in den Vordergrund.
Ausgewogene und gesunde Ernährung fördern
Haben Kinder Übergewicht, muss die Ernährung in der ganzen Familie konsequent umgestellt werden. Wichtig ist es, den Kindern den Sinn dieser Umstellung zu erklären und sie über eine gesunde Ernährung aufzuklären. Die ganze Familie sollte das neu entwickelte Konzept umsetzten. Planen Sie regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten in den Tagesablauf ein und essen Sie dabei langsam. Essen sollte niemals als Trost oder Lob eingesetzt werden
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKI) hat eine optimierte Mischkost für Kinder zwischen einem und 18 Jahren entwickelt. Diese setzen Sie so um:
- Reichlich: Getränke mit wenig oder ohne Kalorien, (keine Softgetränke, Saft nur verdünnt, am besten ungesüßte Früchte- oder Kräutertees), pflanzliche Lebensmittel (frisches Gemüse, frisches Obst, Getreideprodukte, Kartoffeln, Zucchini, Rote Beete oder Karotten lassen sich als Spaghetti-Ersatz nehmen, cremige Saucenlassen sich z.B. mit püriertem Kürbis oder Avocado herstellen.)
- Mäßig: Tierische Lebensmittel (Fleisch, Wurst, Eier, Fisch, Milch, Milchprodukte)
- Sparsam: Fett- und zuckerreiche Lebensmittel (Speisefette, Fast Food, Süßwaren (Kekse, Schokolade, Müsliriegel, Gummibärchen), Knabbereien wie Chips oder Erdnüsse)
Verantwortungsbewusster Medienkonsum
Medien haben Einfluss auf das Verhalten der Kinder. Im TV oder in den sozialen Medien sind sie Werbung ausgesetzt, die oft ungesunde Lebensmittel anpreist. Das kann Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben.
Zweitens führt häufiger Medienkonsum (z. B. Bildschirm und PC-Spiele) oft zu einem Bewegungsmangel. Zeigen Sie übergewichtigen Kindern, wie viel Spaß gemeinsame Bewegung machen kann. Unternehmen Sie Fahrradtouren, gehen Sie zusammen ins Schwimmbad oder auf den Spielplatz/Bewegungsparcour.
Gemeinsam kochen mit frischen Zutaten
Hoch verarbeitete Lebensmittel (Fertiggerichte, Konserven) enthalten meist mehr Fett und Zucker, als man erwartet. Bereiten Sie die Mahlzeiten lieber gemeinsam mit ihren Kindern aus frischen Zutaten zu. So haben Sie die Kontrolle, was drin ist. Die Kinder lernen auf diese Weise, was ihnen guttut. Bieten Sie als Snacks Karotten-, Paprika- oder Gurkensticks an und machen als Nachtisch einen bunten Obstsalat.
Hagen Domke,